Mein Beitrag auf Deutschlandfunk Kultur „Ramadan – ein alter deutscher Brauch“ hat seit einer Woche Reaktionen hervorgerufen, mit denen ich so nicht gerechnet hätte. Bundestagsabgeordnete der AfD, rechte Trollaccounts und Identitäre in Deutschland, Polen und den USA sind regelrecht in Rage geraten, dass ein deutscher Muslim sich die Frechheit erlaubt hat, etwas über Heimat und Brauchtum zu schreiben. Und das auch noch in einem Kontext zum Beginn des islamischen Fastenmonats Ramadan.
Die Reaktionen kann ich verstehen, denn diese Zeitgenossen haben Angst davor, nicht die Kontrolle darüber zu haben, was Deutschsein und Heimat bedeutet.
Meine bewusst überspitzte Formulierung, dass der Ramadan ein alter deutscher Brauch und älter als das Oktoberfest ist, hat also sein Ziel erreicht. Und hier eine Lektüreempfehlung für unsere dauerempörten Zeitgenossen:
„Muslimische (Lebens-)Welten in Brandenburg-Preußen im 18. Jahrhundert.“
http://portal-militaergeschichte.de/Theilig_Muslimische-Lebenswelten
Jenseits der üblichen allergischen Reaktionen auf den Beitrag gab es aber auch Versuche meine Person gezielt zu diskreditieren. Das wird von unterschiedlicher Seite immer wieder mal versucht, aber diesmal hat es ein Ausmaß erreicht, wo ich mich dazu äußern muss. Bisher habe ich solche absurden Vorwürfe, ich sei ein Sympathisant der nationalistisch-faschistischen Rockergruppe „Osmanen Germania“, ignoriert. Aber da bestimmte Akteure anlässlich dieses Beitrags von mir die Redaktion von Deutschlandfunk Kultur seit einer Woche mit Emails, Anrufen und auf Twitter und Facebook belästigen, möchte ich mich diesmal dazu äußern.
Dieser Vorwurf kursiert schon seit einiger Zeit im Internet. Als Beleg für diese Behauptung wird ein Foto von mir mit einem T-Shirt herangezogen. Auf dem T-Shirt steht die Aufschrift „Osmanen Support“. Das Foto ist im Februar 2016 beim Fußballspielen mit einigen Freunden und deren Bekannten entstanden. Ein Bekannter hatte mich auf das für mich damals coole Motiv dieses T-Shirts aufmerksam gemacht und mir eins geschenkt. Ich kannte die Gruppe nicht, fand den brachialen Rockerstil aber als ironischen Kontrast zu meiner Statur, mit der ich mutig zum Hallenfußball gegen körperlich stärkere Mitspieler antrete, ganz passend. Es hätte auch ein monströses Heavy Metal Shirt sein können. Als ich erst Mitte 2016 durch Presseberichte über die „Osmanen Germania“ erfahren habe, aus welcher realen ideologischen Ecke das Motiv kommt, habe ich das Shirt entsorgt.
Das interessiert die Urheber der Assoziation, ich hätte eine Nähe zu dieser faschistischen und kriminellen Organisation, natürlich nicht. Ihnen geht es auch nicht darum zu erfahren, wie dieses Foto überhaupt entstanden ist. Darauf, wie ich zu solch einer Gruppierung stehe, hätten sie auch ohne Rückfrage an mich kommen können, wenn sie sich die Mühe gemacht hätten, nur einige meiner zahlreichen journalistischen Beiträge zu den Themen wie Radikalismus, Nationalismus und speziell dem neuen Nationalismus, der sich unter Deutschtürken in den letzten Jahren immer stärker entwickelt, zu lesen. Gerade für die Thematisierung dieser Probleme werde ich von nationalistischen Kreisen unter den Deutschtürken als ‚Vaterlandsverräter‘ bezeichnet und denunziert.
Das ist auch der Punkt, an dem sich Denunzianten und Identitäre beider Seiten treffen. Sie sind sich ähnlicher als sie denken. Sobald jemand etwas schreibt, der die eigene ideologische Überzeugung in seinen Grundfesten erschüttert, sind alle Mittel legitim, um diese Person zu diskreditieren. Genau das ist auch nach meinem Beitrag geschehen, in dem ich den Ramadan als deutschen Brauch bezeichnet habe. Ein deutscher Muslim, der sich als Teil der deutschen Kultur, der deutschen Heimat sieht…Ein deutscher Muslim als Normalität ist noch für zu viele in unserer Mitte unerträglich. Dass diese Normalität Wirklichkeit wird, dafür werde ich mich auch in Zukunft unbeirrt einsetzen. Und die Versuche, mich persönlich zu diskreditieren werden mich dabei nicht aufhalten.
P.S. Wie einige Akteure versuchen, unliebsame Debattenteilnehmer aus dem Diskurs zu drängen, hatte ich in einem Politischen Feuilleton für Deutschlandfunk Kultur bereits thematisiert: Wer anders denkt, ist verdächtig.